Permanentes Tribunal der Völker

2006-05-12 00:00:00

Erklärung der Jury des Tribunals über „Die Transnationalen Konzerne der Europäischen Union: Macht der Konzerne und Straflosigkeit in Europa und in Lateinamerika“

Wien, 10.-12. Mai 2006

1 Allgemeine Grundlagen

Die Aufforderung eine Sitzung der PPT über die Rolle von transnationalen Konzernen der Europäischen Union abzuhalten, wurde dem PPT am 2. Februar 2006 offiziell übermittelt. Es waren eine Reihe von inoffiziellen Kontakten vorangegangen, ie es im Statut des Tribnl niedergelegt ist. Es sollte die immer dominanter werdende Rolle der europäischen TNCs in entscheidenden Bereichen untersucht werden. Dazu gehören: Dienstleistungen, Infrastruktur, Energie, Petroleum Wasser, Finanzsystem, Telekommunikation etc. Die TNCs sind so dominant, dass politische Souveränität, Entwicklungspolitische Perspektive, wirtschaftspolitische Alternativen und die weitere Demokratisierung verschlossen werden. Wegen der verwickelten und daher schwierigen Konstellation hat das Netzwerk der Organisationen, die „enlaando alternativas 2“ tragen nicht gefordert, zu einem formellen Urteil zu gelangen, sondern die Vilefalt von Klagen zu hören, die aus vielen lateinamerikanischen Ländern, von vielen Bevölkerungsgruppen in bezug auf viele Bereiche von Leben und Arbeit gegen die Transnationalen Konzerne der EU vorgebracht werden.Daher ist die Abschluérklärung des Tribunals kein formelles Urteil, sondern eine Erklärung über die Rolle der europäischen TNCs in Lateinamerika. Das PPT akzeotierte die Aufforderung nicht zuletzt, weil sie besonders wichtig für die weitere Arbeit des PPT sein kann. Dafür waren drei Gründe maßgebend.

1. Das Spektrum von Akteuren, die Bewegungen, die am Enlazando Alternativas teilnehmen, sind die wichtigsten Träger des Kampfes für das Recht der Völker. Das ist die Basis des PPT, die in der Erklärung von Algier von 1976 gelegt worden ist.

2. Die Aufforderung zur Sitzung zielt nicht auf ein Urteil oder eine Verurteilung, sondern auf eine rigorose, tiefschürfende Untersuchung des nicht auszuschließenden Fehlverhaltens und der Verletzungen fundamentaler Menschenrechte durch TNCs unter der Mitwirkung der EU.

3. Die Themen der Aufforderung sind eine bedeutsame Gelegenheit, um die Forschung im Rahmen des PPT in den Bereichen von ökonomischen Interesen und Konflikten un in Fragen der Menschenrechte zu stärken. Dies ist eine schon seit langem verfolge Linie. In diesem Kontext sind bereits eine Reihe von Tribunalen durchgefpührt worden, z.B.

Xxxxxxxx S. 2

Die Mitglieder Jury danken den Organisatoren dieses wichtigen Treffens Enlazando alternativas. Sie sind sich der hohen Qualität und Klarheit der Dokumente über die einzelnen zur Bewertung gestellten Fälle bewusst. Sie sind beeindruckt von der Qualität der Hearings und von den Stellungnahmen, die ein klares Bekenntnis zu Gerechtigkeit für die lokalen Gemeinschaften und die Länder, aus denen sie kommen, erkennen lassen.

Wir haben haben Berichte über Fälle gehört, in die viele TNCs verwickelt sind, und zwar aus Österreich, Finnland, Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Italien, Nioederlanden, Spanien und dem Nicht-EU-Mitglied Norwegen. Die Berichte haben sehr klar erkennen lassen, wie sehr europäische TNCs die Menschenrechte, Arbeitsrechte missachten, die natürliche Umwelt manchmal irreversibel schädigen und wie sehr sie die sozialen Bedingungen in lokalen Gemeinschaften nachgerade zerstören.

Wir haben besonders aufmerksam die Berichte verfolgt, in denen die Mittäterschaft europäischer Regierungen zu Gunsten „ihrer“ TNCs angeprangert worden ist. Darüber hinaus haben wir erfahren, wie sehr internationalen Institutionen, wie Weltbank, IWF, Interamerikanische Entwicklungsbank oder WTO den Wegh für die TNCs ebnen.

Wir haben uns über Fälle informieren lassen, wie die Privatisierungsmaßnahmen zu Gunsten der großen Konzerne, die Ausbeutung natürlicher Ressourcen, die Ölförderung und deren Folen, die Ausdehnung der Monokulturen zur Zellulose- oder Sojeproduktion, die Liberalisierung der Finnzdienstleistungen.

2 Das Verfahren

Die Anhörungen haben in drei Sitzungen von jeweils etwa 4 Stunden stattgefunden, denen eine Eröffnungssitzung vorausgegangen ist. Grundlage der Anhörungen war ein detailliertes Dossier über die präsentierten Fälle. Die mündlich erläuterten Fälle wurden durch Nachfragen seitesn der Jury zu klären versucht. Die in der Sitzung präsentierten Fälle betrafen die oben erwähnten Bereiche von der Wasserversorgung bis zur Biodiversität. Die Dokumente stehen zur Nachprüfung im Internet zur Verfügung.

3 Die Stellungnahme des Tribunals

In einer ersten Stellungnahme ist es möglich, einige allen Fällen gemeinsame Probleme zu identifizieren, die für die weitere Arbeit des PPT bedeutsam sind.

a. Die Gefährdung des Rechts des Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen. Wenn Wasser durch Privatisierung in eine Ware verwandelt wird, ist es kein Gemeingut mehr, das allen Menschen zur Verfügung steht. Die Preis- und Verteilungspolitik der TNCs, die von den internationalen Finanz- und Entwicklungsinstituionen zumeist unterstützt wird, enteignet die ärmere Bevölkerung eines fundamentalen Menschnerechtes. Was für Wasser gesagt wurfde, gilt in ähnlicher Weise auch für die Energieversorgung.

b. Die Bedrohung des Rechts auf Land und Boden infolge der Expansion von Monokulturen (vor allem Soja und Eukalyptus für die Zelluloseproduktion). Dabei wird den Kleinbauern Land genommen und folglich die Existenzgrundlage entzogen.

c. Die Unterminierung des Rechts auf Ernährungssicherheit und –souveränität durch die industriell betriebene Landwirtschaft und die Produktion für den Export, zusammen mit der Privatisierung der Biodiversität durch große Konzerne (unter Anwendung des Patentrechts für genetische Ressourcen). Die internationalen Handelsregimes erlauben den TNCs die Durchsetzung ihrer Interessen gegenüber den Rechten der Menschen.

d. Angriff auf Arbeitsrechte. Der Druck ijn Richtung möglichst hoher Renditen, die Notwendigkeit, möglichst billig für den Weltmarkt zu produzieren, die Schwäche der Gewerkschaften, auch in Lateinamerika, die Flexibilisierung des Arbeitseinsatzes unterminieren die Einhaltungder Kernarbeitsnormen der ILO. Darüber hinaus nutzen die TNCs Unterauftragnehmer, um die Arbeitskosten weiter zu senken, weil dort die Arbeitsverhältnisse prekär sind. Daher wä chst der informelle Sektor, der inzwischen wesentlicher größer als der Sektor formeller Beschäftigung ist.

e. Missachtung der Rechte der indigenen Bevölkerung. Transnationale Konzerne aus der Eu missachten Landrechte der indigenen Bevölkerung, häufig in Kollusion mit den nationalen Regierungen. Sie verletzen damit die kulturelle Identität und fundamentale Rechte. Sie suchen keine Partizipation, verlassen sich auf die Ausüpbung ihrer ökonomischen Macht.

f. Missachtung von Umweltrechten. Europäische TNCs sind rücksichtslos in fragilen Ökosystemen, in den Zentren der Biodiversität, unter Berücksichtigung der Bedeutung der Erhaltung der tropischen Wälder für eine Stabiloisierung des Weltklimas. Ihnen geht es nur um kurzfristigen ökonomischen Profit. Die Vergiftung der Gewässer, die Zerstörung von Ökosystemen durch Infrastruktur sind unvermeidlich. Die Ausbeutung der natürlichen Ressourcenn, z.B. von Öl und Gas hat weitreichende ökologische Folgen, auf lokaler Ebene ebenso wie im globalen Raum.

g. Auch die bürgerlichen und politischen Rechte sind bedroht. Infolge der Mitwirkung und der Kooperation von lokalen und nationalen Regierungen haben die TNCs aus der Eu fast freie Hand. Es gibt den Widerstand von Volksbewegungen, aber er wird sehr häufig polizeilich niedergeschlagen, diffamiert und kriminalisiert.

Wenn man bedenkt, dass zu all diesen Missachtungen und Fehlverhalten die Wirkung der internationalen Finanzmärkte hinzukommt, die dies bestärken, kann man die Heftigkeit der gegenwärtigen Attacke auf das Recht auf menschlkiche Entwicklung verstehen. Daraus ergeben sich die Herausforderungen für das Permanente Tribunal der Völker.

Die Verantwortung für alle diese Fälle sind nicht auf die TNCs der Eu zu begrenzen. Sie betrifft auch die Regierungen und die Kommission, die die Standards erlassen haben, die es den TNCs erlauben, so zu agieren wie sie es tun. Der Skandal aber besteht darin, dass die TNCs niedrigere Standards in Lateinamerika einhalten müssen als in der EU. In den Verhandekungen mit Lateinamerika wird die Linie der Liberalisierung der Märkte, insbesondere der Finanzmärkte, verfolgt und damit der Unterstützung der TNCs. Wirtschaftsliche Unterstützung ist häufig konditioniert, damit die Kriterien der EU eingehalten werden. Gleichzeitig hat die EU eine Reihe von Präferenzabkommen geschlossen mit Ländern, in denen Menschenrechte oder die Kernarbeitsnormen nicht eingehalzten werden.

Die dem PPT vorgelegten Fälle zeigen allesamt, wie sehr bindende Regeln für TNCs fehlen. So lange diese Regeln nicht existieren werden Klagen, wie die auf dieser Sitzung gehörten und untersuchten immer wieder erneut aufgeworfen werden.

Daher schlußfolgert das Tribunal, dass die Komplexität und Bedeutsamkeit der Anklagen und die ihnen zugrund liegenden Bedrohungen von Rechten weitere Untersuchungen erforderlich machen. Das Ziel ist, auf internationaler Ebene Rechtsinstrumente zu schaffen, die es möglich machen, TNCs wirksam und verantwortlich zu machen für jede Verletzung von Rechten, die sie begehen.

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Schluß mit der Straflosigkeit!

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